Stimmungsvolles Licht und Wohlgeruch
Hinterlasse einen Kommentar25. November 2022 von Marzellus

Noch bis ins frühe 20. Jahrhundert hinein rußten Fackeln, Kienspäne und Talgkerzen in den einfacheren Wohnungen und spendeten nur spärliches Licht. Bienenwachskerzen, die beim Abbrennen ihren balsamischen Honigduft entfalten, waren die luxuriösen Lichtquellen der Reichen und des Adels. In der christlichen Liturgie symbolisieren Kerzen „Christus, das Licht der Welt“, und die Aromen einer brennenden Bienenwachskerze stehen für den „Wohlgeruch“ des Gottessohns. Kerzen sind ein fester Bestandteil des abendländischen Weihnachtsbrauchtums.Bereits das Wort „Kerze“ verweist auf „Bienenwachs“ als den Stoff, aus dem der Lichtspender seit dem 2. Jahrhundert vor Christus gefertigt wurde. „Candēla cērāta“ nannten die Römer ihre Wachslichter, die englische Sprache hat sich für „candle“ entschieden, also für das Leuchten, die deutsche für „Kerze“, betont also den Brennstoff Wachs.
Neben Öllampen benutzten die Römer mit Bienenwachs getränkte Flachsschnüre, oder Stücke von gewachstem Papyrus oder Binsen, mit denen sie etwas Licht in ihre Wohnungen brachten.
Diese Entwicklungen bescherten zumindest dem reichen Adel eine duftende Alternative zu den anderen rauchenden und stinkenden Leuchtmitteln ihrer Zeit. Denn Bienenwachs enthält über 50 Aromastoffe und verbrennt nahezu rückstandsfrei. Schon in der Römerzeit war das Bienenprodukt ein teurer Rohstoff.
Kerzen im heutigen Sinne, sind erst seit dem 2. Jahrhundert nach Christus überliefert. Das Licht, das beim Verbrennen von Bienenwachs entsteht, spielte schon bei den religiösen Zeremonien der frühen Christen eine wichtige Rolle. Die Kerze stand in der christlichen Liturgie schon immer für „Jesus, dessen Licht in der Finsternis leuchtet“, wie es der Evangelist Johannes formuliert hat. Auch die „Jungfräulichkeit“ der Bienen, die den Rohstoff für das Leuchtmittel lieferten, wurde von jeher mit der jungfräulichen Geburt Christi in Verbindung gebracht. Für den „Gottesdienst“ war im Übrigen schon immer das Beste gerade gut genug.
In nordischen und germanischen Kulturen hatten Kerzen eine vergleichbare symbolische Bedeutung. Mit dem Anzünden der Julkerze am Fest der Wintersonnenwende feierte man symbolisch die Wiederkehr des Lichtes. Unser Brauch, Kerzen in der Advents- und Weihnachtszeit anzuzünden, hat hier seinen Ursprung.
Erste archäologische Belege für den Gebrauch von Kerzen aus Bienenwachs nördlich der Alpen stammen aus einem merowingischen Gräberfeld (6.-7. Jahrhundert). das 1810 im würtembergischen Oberflacht entdeckt wurde.
Im Mittelalter hatten die Wachslichter neben der Beleuchtung auch die Funktion von Zeitmessern. Die Brenndauer der Kerzen von bestimmter Länge und Dicke diente neben der Sanduhr zur ungefähren Zeitbestimmung, namentlich bei Gerichtsverhandlungen.
Seit dem 14. Jahrhundert leuchteten Bienenwachskerzen in den Häusern des reichen Adels, aber vor allem die Kirche entwickelte einen enormen Bedarf an dem luxuriösen Leuchtmittel. In der Lutherzeit wurden allein in der Wittenberger Schlosskirche 35.750 Pfd. Bienenwachskerzen in einem Jahre verbrannt. Bei einer geschätzten Wachsproduktion auf der Grundlage leistungsstarker Völker von heute von 380 Gramm pro Volk war das die gesamte Wachsproduktion von 31.500 Bienenvölkern.
Im 18. Jahrhundert verbrauchte man am Hof des Dresdner Kurfürsten für ein einziges Fest 14.000 Wachslichter.
Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts haben Stearin und Paraffin das Bienenwachs als Kerzenrohstoff verdrängt. Allein in Deutschland werden pro Jahr 200.000 Tonnen Kerzen verkauft, solche aus Bienenwachs haben in diesem Wirtschaftssegment nur noch einen Marktanteil von 0,5%. Der Rohstoff aus dem Bienenstock wird dabei zu über 80% importiert, überwiegend aus China, Südamerika oder aus Südafrika. Die meisten heimischen Imker verbrauchen das von ihren Bienen erzeugte Wachs selbst in ihrem eigenen Wachskreislauf.
Seitdem sich die sogenannte Magazinimkerei durchgesetzt hat, fallen kaum noch Überschüsse an Wachs an. Viele Imker produzieren aus dem anfallenden Wachs ihre eigenen Mittelwände für die Honigwaben. Damit entlasten sie die Bienen bei ihrem Wabenbau, was sich in einer höheren Honigernte niederschlägt.
Nicht nur wegen des knappen Rohstoffs gelten Bienenwachskerzen als die edelsten Lichtspender. Unter ökologischen Gesichtspunkten sind Kerzen aus Bienenwachs auch die umweltfreundlichste Variante, vor allem wenn sie aus einer Bio-Imkerei stammen. Und neben ihrem stimmungsvollen Licht erhält man eine wunderbare Aromatherapie als Zugabe.
Interessante Links:
Meyers Konversationslexikon 1905
Kerzen aus Bienenwachs selber machen