Google+

Warum eigentlich Honeymoon?

Hinterlasse einen Kommentar

28. Mai 2018 von Marzellus

Flitterwochen sind „die ersten Wochen im Ehestande, wo sich die gegenseitige Zärtlichkeit noch in ihrer ganzen Stärke zeiget“ – so steht es in einem Lexikon aus dem Jahre 1858. Doch warum heißt diese Zeit in anderen Sprachen „Honigmond“?

Edwin Long: Der Heiratsmarkt von Babylon
Die Etymologie von „Flitterwochen“ ist eindeutig. Die Wortbildung hat sich aus dem althochdeutschen “ filtarazan “ entwickelt, was soviel bedeutet wie „liebkosen“, aber auch „lachen“.

Der „Honigmonat / Honeymoon“ in der Bedeutung „die ersten Wochen nach der Hochzeit“ war auch in unserer deutschen Sprache noch im 18. Jahrhundert durchaus gebräuchlich. Nachdem das Wort dann für längere Zeit verdrängt war, taucht es heute als Synonym für Flitterwochen wieder in unserem Wortschatz auf. Der Duden beschreibt seine Herkunft als eine Lehnübersetzung von französisch „lune de miel“, was seinerseits eine Lehnübersetzung von englisch „honeymoon“ ist, wobei letzteres inzwischen als Anglizismus durchaus häufig in unserer Sprache vorkommt.

In der International Encyclopedia of Marriage and Family [1] erfahren wir über den linguistischen Re-Import „Honeymoon“, dass es sich um ein modernes Hochzeitsritual handelt. Der Brauch, nach der Eheschließung zuerst einmal eine mehrwöchige Reise zu unternehmen, sei im späten 19. Jahrhundert in der englischen Oberschicht entstanden und habe sich von dort aus in ganz Europa und Nordamerika verbreitet.

Zumindest die zeitliche Dauer der „Hochzeitreise“ würde passen, aber was hat eine solche Sitte mit „Honig“ zu tun?

Das Wort „Honeymoon“ ist zum ersten Mal schriftlich belegt in der Glossographia (1656) des Thomas Blunt . Der Zeitgenosse Shakespeares erklärt uns: „married persons that love well at first, and decline in affection afterwards: it is honey now, but will change as the moon.“ Diese Definition des Wortbestandteils „Honig“ lässt Zweifel aufkommen. Die Vorstellung, dass die „Kosewochen“ oft einer gewissen Ernüchterung im Ehealltag weichen, wenn auch nicht unbedingt in Monatsfrist, finden wir auch in deutschen Redensarten: „Nach den Flitterwochen kommen die Zitterwochen.“ Aber dass die anfängliche „Honigsüße“ des jungen Lebensbundes schon bald in „bittere“ Desillusionierung umschlägt, das wäre doch zu pessimistisch.

Übrigens: In ihrem berühmten „Wörterbuch der deutschen Sprache“ nennen die Gebrüder Grimm noch mehr Synonyme für die ersten Wochen der Ehe, unter anderem den „Küssmonat“, die „Zärtelwoche“ oder die „Butterwoche“

Bei der Suche nach dem metaphorischen Sinn von „Honig“ im Zusammenhang mit einer „jungen Ehe“ ist auffällig, dass die Zusammensetzung „Honigmonat“ in zahlreichen indoeuropäischen Sprachen vorkommt. Die englischsprachige Wikipedia listet etliche Sprachen, die die ungewöhnliche Wortkombination kennen, darunter Spanisch, Rumänisch, Türkisch, Persisch, Arabisch, …, Tamilisch und Marathi, die letzteren beiden sind indische Sprachen.

Noel Botham  [2] beschreibt in seinem „Book of useless information“ dass Honigwein im antiken Babylon als offizieller Hochzeitstrank galt. Nach babylonischen Recht mussten die Brauteltern den Bräutigam nach der Hochzeit einen ganzen Monat lang mit Met versorgen, um ihn bei Laune zu halten. Ich glaube, das ist die richtige Spur.

Im gesamten indoeuropäischen Sprachraum gibt es neben der „Honeymoon“-Wortverwandtschaft auch Gebräuche, deren Ähnlichkeit wohl nicht rein zufällig sind. „Honigmonat“ in Verbindung mit Metkonsum und Jungvermählten hatte nicht nur in Mesopotamien, dem Ursprungsland der Imkerei Tradition. Zwischen Skandinavien und Indien waren Eheschließungen seit Jahrtausenden auch verbunden mit wochenlangem, teilweise exzessivem Metkonsum, sowohl bei den Gästen als auch bei dem Brautpaar.
Bei den germanischen und skandinavischen Völkern wurde bei Hochzeitsfeiern Met in rauen Mengen getrunken. Das junge  Ehepaar wurde mit einen Monatsvorrat an Met versorgt. Dafür hatte man zwei wichtige Gründe. Zum einen betrachtete man den Honigwein als Aphrodisiakum, zum anderen war man der festen Überzeugung, dass regelmäßiger Metkonsum im ersten Ehemonat sicherstellte, dass die junge Braut schwanger wurde.
“Attila wird am Morgen nach seiner Hochzeit im Blut
erstickt aufgefunden”. Julius Naue (1833–1907). Quelle:
Exzessive Metgelage bei Hochzeiten und während der ersten Ehewochen waren auch bei den Kelten und den Walisern Brauch. Vermählungen wurden einen  ganzen Monat lang gefeiert.
Hierzu passt auch die bekannte Geschichte über den Tod des Hunnenkönig Attila. Man hat ihn nach seiner Hochzeitsnacht mit der Germanenprinzessin Ildigo erstickt in seinem Brautbett gefunden. (453 n. Chr.) Auslöser war der unmäßige Konsum von „Hydromel“  bei seiner Hochzeitsfeier, was bei ihm einen Blutsturz verursachte. Das vergorene Honigwasser ist bis heute das französische Wort für Met. Die „Mézeshetek“, das ist ungarísch und bedeutet „Honigwochen“, fielen für Attila und Ildigo also aus.

Übrigens: Bis zur Antike wurde das alkoholische Getränk aus Milch und Honig hergestellt.Wenn man jetzt bedenkt, dass auch die alten Hebräer den Honigwein geschätzt haben, dann ergeben sich durchaus neue mögliche Deutungen für die Verheißungen Moses, der die Israeliten in „das Land, in dem Milch und Honig fließen“ führte. Auch in Hebräisch gibt es  das Wort „yerach d’vash“, was wörtlich übersetzt wird als „der Monat des Honigs“ im Leben eines jungen Paares.

Interessante Links:

Hinterlasse einen Kommentar