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Auf die Läuse kommt es an!

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1. Januar 2017 von Marzellus

Mit der Wahl der gemeinen Fichte, der häufigsten Baumart Deutschlands, hat das „Kuratorium Baum des Jahres“ eine Nadelbaumart in die öffentliche Aufmerksamkeit gerückt, die polarisiert. Für die einen ist sie der Brotbaum der deutschen Forstwirtschaft, für die anderen der Inbegriff naturferner Monokulturen. Doch was bringt der wichtigste Holzlieferant der deutschen Nutzwälder unseren Honigbienen?

Für die Waldimkerei ist die Fichte ein interessanter Baum, weil er Wirtsbaum einiger Honigtau erzeugender Schild- und Rindenläuse ist. Die Fichte selbst liefert keinen Nektar, wohl aber ihre Parasiten, die Fichtenblattläuse.  Sie erzeugen den Meltau, das sind die zuckerhaltigen Ausscheidungen der Kolonien bildenden Baumparasiten aus der Familie der Lachniden.

Auf der Fichte leben zwei Schildlausarten und fünf Rindenlausarten. Man findet sie an ein- oder mehrjährigen Trieben oder an den bereits verholzten Bereichen der Nadelbäume. Hier stechen sie die Leitungsbahnen des Baums an und scheiden dabei die überschüssigen Mengen von Kohlenhydraten als Honigtau aus.

Die Läuse interessieren sich nur  für die wichtigen Eiweißsubstanzen im Baumsaft. Der helle und klare, dickliche Zuckersaft ist frei von Verdauungsrückständen. Der besonders hohe Gehalt an wertvollen Mineralstoffen macht diesen Honigtauhonig zu einem wertvollen Nahrungsmittel.

Wer davor zurückschreckt Honig aus „Läusepipi“ zu essen, der sollte sich klar machen, dass die Verdauung dieser Pflanzenschädlinge nicht vergleichbar ist mit der Nahrungsverarbeitung bei höheren Lebewesen. Blattläuse haben keinen durchgehenden Darm, in dem Verdauungsbakterien die Nährstoffe für ihren Körper erschließen und “anrüchige” Exkremente ausscheiden. Der Zuckerüberschuss findet im Stoffwechsel dieser fleischlichen Nektarien keine Verwendung und wird als Honigtau ausgeschieden. So ähnlich produziert auch das Drüsengewebe von Pflanzen den Nektar als Honigrohstoff.

Im Prinzip funktioniert dieser Prozess der Honigerzeugung aus Pflanzensekreten genau so mit den zuckerhaltigen Ausscheidungen von einer Reihe von Tieren. Die für die Erzeugung von Tannen-, Fichten- oder auch Blatthonige wichtigsten Baumschmarotzer sind neben den Blattläusen (Lachniden) auch Mottenläuse (Aleurodina), Blattflöhe (Psyllina) und die Zikaden. Als Gattung werden sie unter dem seltsamen Namen Schnabelkerfe zusammengefasst.

Deren klebrige Ausscheidungen sind in manchen Jahren so stark, dass sie von den Blättern tropfen und auf Wegen und Straßenpflastern große schwarze, klebrige Flecken erzeugen. Für Bienen und Ameisen sind diese stark zuckerhaltigen und nährstoffreichen „Exkremente“ ein gefundenes Fressen. Ameisen züchten und hegen diese Baumschmarotzer deswegen sogar wie Bauern ihr Vieh. Und die Honigbienen finden in diesen Ausscheidungen eine mehr als willkommene Nahrungsalternative zum Blütenhonig. Ein kräftiger Nadelbaum von 25 – 30 m Höhe kann nach Otto Dengg beispielsweise über Nacht 10 – 15 Liter Nadelhonigtau liefern. Wenn eine ergiebige Honigtautracht vorhanden ist, dann sind die Bienen bereits früh morgens aktiv und es herrscht oftmals bis in den späten Abend hinein reger Erntebetrieb.

In Süddeutschland versuchen aktuell einige Gruppen von Imkern zusammen mit dem Bieneninstitut Hohenheim die Aktivitäten der Meltau erzeugenden Blattläuse systematisch zu erfassen. Der Wald „honigt“, wie es der Imker formuliert, nicht jedes Jahr und wenn, dann nicht überall gleich gut. Auf der Homepage der „Süddeutschen Läusebeobachter“ werden die Honigtau erzeugenden Fichtenläuse regelmäßig bewertet. Als Trachtquelle sind vor allem die Rotbraune Bepuderte Fichtenrindenlaus (Cinara pilicornis) und die Große Schwarze Fichtenrindenlaus von Bedeutung für die Waldhonigernte.

 

 

Bildquellen:

Baumläuse von Frank Mikley – Eigenes Werk, CC BY 2.5, 

Schwarze Fichtenrindenlaus: Von B.gliwa – own work /enhanced by user:MikePhobos, CC BY-SA 2.5, 

Weiterführende Informationen:

www.baum-des-jahres.de

http://www.stockwaage.de/index.php/die-honigtauerzeuger

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