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Etikettenschwindel

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16. Januar 2018 von Marzellus

Etikettenschwindel1Sie heißen „Imkerhonig“, „Deutscher Honig“, „Goldlandhonig“, „Auslese Honig“, „Gut und Günstig Imkerhonig“, „Sommerland Imkerhonig“ oder „Nektarquell Bienenhonig“. Mit Labels wie „Vom Land“, „BIO BIO“, „Gut Bio“, suggerieren sie kontrollierte, gute Qualität. Eigenmarken wie „Marlene Sommer“, „Maribel“ geben dem Verbraucher das gute Gefühl, die Produkte stammen direkt vom Imker aus der Nachbarschaft, und Aufdrucke wie „Bienenwirtschaft Meißen“ sollen den Eindruck entstehen lassen, man kaufe ein regionales Produkt.

Alle haben gemeinsam: Sie stehen in den Regalen eines Discounters und sind billig. Honig aus China zum Beispiel gibt es schon für ca. 800, -€uro pro Tonne. Bei Schleuderpreisen von um die 5 €uro/Kilo bleiben dem Discounter und dem Abfüller da immer noch eine gute Spanne. In Deutschland boomt das Geschäft mit dem süßen Gold aus China. Dass dieser Goldrausch mit seinen billigen Preisen auch billigste Qualität nach Europa bringt, ist an den Etiketten der Abfüller nicht abzulesen. Hinter der Pflichtdeklaration Honig aus Nicht EU-Ländern oder Honig aus EU-Ländern oder bei Mischhonigen aus beiden globalen Herkunfstbezeichnungen kann der Verbraucher nun beim besten Willen nicht erkennen, was er sich da aus seinen flinken Flaschen quetscht.

„Es gibt drei Arten von Werbung. Laute, lautere und unlautere“, sagt man. Und immer ist Werbung manipulativ und immer rechnet Werbung mit der Uninformiertheit der Kunden. Unlauter ist eine Werbung immer dann, wenn sie gegen geltendes Recht verstößt und Versprechen macht, die sie nicht einhalten kann. Empfindlich reagieren Gerichte, wenn im Zusammenhang mit Lebensmitteln Gesundheitsargumente für ein Produkt auf das Schlachtfeld um den Verbraucher geführt werden. Konkrete Werbeaussagen über die gesundheitsfördernde Wirkung eines Lebensmittels sind nach der Health-Claims-Verordnung nur erlaubt, wenn sie von der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit überprüft und durch die Europäische Kommission zugelassen sind.

Im Falle der Regalhonige sind die Regeln laxer. Wenn aktuell der Lebensmitteldiscounter Norma mit dem Wittelsbacher Blau-Weiß seinen Käufern suggeriert, es handele sich um ein Produkt aus bayrischen Imkereien, kann man hier bestenfalls von Etikettenschwindel sprechen. Bei diesem Wort handelt es sich nicht um einen juristischen Fachbegriff, sondern um eine Wortbildung, die erst seit dem Ende des 20. Jahrhunderts in unserer Alltagssprache in Gebrauch ist. Der Begriff beschreibt die Verbrauchertäuschung, aber was hier passiert ist völlig legal.

In der EU und in Deutschland ist die Kennzeichnung von Waren, was das Herkunftsland einer Ware anbetrifft , zwar gesetzlich geregelt, aber überhaupt nicht aussagekräftig. Es gelten die Bestimmungen des EU-Zollrechts (Art. 61 Abs. 2 UZK). Danach ist das Land, in dem der letzte wesentliche Bearbeitungsschritt eines Landwirtschaftsproduktes gemacht wird, das Herkunftsland. Eine Ursprungsregel (Art.1), nach der ein Produkt vollständig in einem Land hergestellt wird, wie sie im Europäischen Zollkodex auch formuliert wird, kommt aufgrund der globalen arbeitsteiligen Produktionsprozesse heutzutage nur noch wenig Praxisrelevanz zu.

Ein bekanntes Beispiel für die Feinheiten der Produktkennzeichnungen ist der Camembert. Nur der „Camembert de Normandie AOC“ genießt den Rang einer geschützten Herkunftsbezeichnung. Weil französische Rohmilchkäse mit seinem weißen Schutzschimmel (Penicillium camemberti) ein international so begehrtes Produkt ist, für dessen Herstellung die Milch aus Nordfrankreich mengenmäßig gar nicht ausreichen würde, wird zu dessen Herstellung Milch aus aller Herren Länder nach Frankreich transportiert um dort dann zu „Camenbert de Normandie“ verarbeitet zu werden. Nur ein in der Normandie aus Rohmilch aus der Normandie hergestellter Camembert darf „Camembert de Normandie AOC“ genannt werden. Ist das nicht der Fall, dann hat der Käse in der Regel die Zusatzbezeichnung „fabrique en Normandie“. Dagegen ist der Name Camembert frei verwendbar. Deshalb gibt es Ziegenmilch Camenbert, Constanzer Camenbert, …

So ist es leider auch bei dem Honig, der von dem Discounter Norma unter dem weißblauen Herzschild der Wittelsbacher für 4,99 € vertickt wird. Abgefüllt wird er vom  Abfüllbetrieb Honig Wernet mit Firmensitz in Waldkirch im Schwarzwald.

Der Begriff „Bayrischer Honig“ ist wohl nicht geschützt und darf deshalb juristisch unbeanstandet als Werbeaussage auf dem Etikett stehen. Natürlich ist das eine klare Mogelpackung. Aber gegenüber solchen Werbelügen ist man in Deutschland eindeutig toleranter als in Frankreich. Dort gibt es eine lange nationale Tradition, explizit französische Landwirtschaftsprodukte, deren Produktionskette komplett in Frankreich liegt, eindeutiger zu kennzeichnen als in Deutschland.

 

Etikettenschwindel

Es ist nicht immer leicht, Etikettenschwindel zu durchschauen. BildQuelle: WikiCommons

Anders verhält es sich mit der Bezeichnung „Echter Deutscher Imkerhonig“. Das ist das eingetragene Warenzeichen des Deutschen Imkerbundes, das nur von Mitgliedsimkern mit entsprechendem Sachkundenachweis verwendet werden darf. Hier darf der Verbraucher erwarten, dass er keinem Etikettenschwindel zum Opfer fällt.Das Schlimme an der Sache ist leider: Billigprodukte, die unter irreführenden Bezeichnungen laufen, wecken beim Verbraucher auch Erwartungen an den Preis. Die durchschnittlichen Preise 2017 für Deutschen Imkerhonig lagen bei 10,10 € (Blüte) und 10,26 € für Sommerblüten-/trachthonig.
Mehr zum Thema Honigetiketten finden Sie hier: http://www.etikettenwissen.de/wiki/Honigetiketten

Bestimmungen zum Gebrauch des Warenzeichens des Deutschen Imkerbundes (D.I.B.) : https://goo.gl/J8rdrS

Ein Kommentar zu “Etikettenschwindel

  1. Birgit sagt:

    Hallo!

    Danke für den Artikel, wieder was gelernt 🙂

    Ich kaufe meinen Bienenhonig immer direkt beim Imker in der Nähe, habe dafür eine ganz gute Webseite entdeckt: https://www.mein-bauernhof.de/produkte/honig/

    Viel Spass beim Stöbern!

    VG, Birgit

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