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Heiter bis wolkig

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4. Juli 2023 von Marzellus

Ein Blick nicht nur auf das Wetter

Unter den Imkern sind die Monatsberichte eine schöne alte Tradition. Darin nimmt die Schilderung der Trachtsituation immer einen großen Raum ein. Aber auch der Blick auf die Verhältnisse in der Natur ist dem Bienenfreund wichtig. Es ist jetzt 10 Jahre her, dass ich mit dem schönen Hobby der Bienenhaltung begonnen habe. An mir selbst kann ich gut beobachten, wie mein Blick auf die Natur sich verändert hat, und wie das ständige Weben und Wirken der Natur und ihre Zyklen mich bei jedem Gang in die Landschaft um Marmagen von Neuem faszinieren. Und immer entdecke ich Neues in ihr.

Die Bilder der Galerie öffnen sich bei Mausklick

Am Sonntag den 2 Juli 2023, war es wieder an der Zeit für einen Spaziergang. Hier mein Bericht:

Das Wetter ist heiter bis wolkig bei etwas kräftigerem Westwind. Die Temperaturen liegen knapp über 20 Grad. Die zum Teil kräftigen Regenschauer der letzten Tage und die hohe Luftfeuchtigkeit haben der Vegetation gut getan.

Ein Etappenziel auf meinem Spaziergang ist mein Wald-Bienenstand. Wenn immer es geht, lege ich den Weg zu Fuß zurück, weil ich dann auch sehen kann, was aktuell alles blüht.

Der Weg führt mich vom Neubaugebiet „Die sieben Morgen“ in Richtung Eifel-Höhen-Klinik. In den zum großen Teil noch nicht angelegten Gärten des neuen Wohngebietes wuchert immer noch der Klatschmohn auf dem vorübergehend abgelagerten Oberboden. Da finden Bienen und Insekten massenhaft Pollennahrung.

In der Ahornallee zur Klinik hin haben die Bäume des Spitzahorn schon reichlich ihre Flugsamen ausgebildet. Im Frühjahr haben ihre unscheinbaren Blütenstände den Bienen reichlich Nektar und Pollen geboten. Vereinzelt stehen Winterlinden dazwischen und locken immer noch mit ihrem intensiven Duft Scharen von Insekten zu ihrer Bestäubungsarbeit. Schon haben sich an den doldentraubigen Blütenständen mit ihren jeweils vier bis zwölf Blüten die kleinen Nüsschen gebildet, die im Herbst dann in der Mehrzahl als Futter für Vögel und Kleinsäuger dienen. Aber es wird noch ein paar Tage dauern, bis die Bäume ganz abgeblüht sind.

Die abgeernteten Wiesen, die nach der Mahd in der Junihitze trocken zu werden drohten, haben sich erholt. Aber hier blüht jetzt nicht viel. Unter dem dicht belaubten, sattgrünen Blätterdach der Buchen/Eschen Waldes wächst wenig, für das sich Bienen und Schmetterlinge aller Art interessieren könnten.

Anders ist die Situation in den Randstreifen rechts und links der Feldwege. Dort stehen eine Vielzahl von Sträuchern und Hecken in voller Blüte. Der für den Juli typische Sommerflor entfaltet sich in seiner ganzen Pracht und Schönheit. Diese nicht bewirtschafteten, schmalen Zonen sind auch in der Agrarlandschaft rund um Marmagen aktuell die Hotspots der Artenvielfalt.

In den Randzonen von Äckern, Wald und Wiesen öffnen jetzt Schafgarbe und Johanniskraut, Disteln, Karden und die Große Klette ihre Blüten und ernähren das Heer der geflügelten Bestäuber. Dazwischen wachsen Doldenblütler wie der Wiesenbärenklau und das Laserkraut. Auch ihre Blütenstände locken zahlreiche Insekten an. Die Wildrosen sind bereits teilweise verblüht, aber immer noch bilden sich neue, zarte Blüten an der Hundsrose und der Heckenrose. Dazwischen stehen kleine Kolonien Ackerwitwenblumen und Flockenblumen. Die hübschen Sommerblumen ziehen auch bei der großen Konkurrenz der blühenden Wildsträucher. Mit ihren zarten bis knalligen Lilatönen ziehen sie die Aufmerksamkeit von Hummeln und Schmetterlingen auf sich.

Felberich und Johanniskraut setzen ihre goldgeben Farbakzente zwischen überständigen Gräsern, die jetzt absamen können. Der Felberich, auch Gilbweiderich genannt, gehört zu den wenigen Arten in der mitteleuropäischen Flora, der seine Bestäuber, die Schenkelbienen, statt mit Nektar mit Öl lockt. Die Schenkelbienen, eine Wildbienenart, sind an den Gilbweiderich angepasst. Sie können folglich nur dort vorkommen, wo Pflanzen dieser Gattung blühen. Die Stängel und Blätter von Johanniskraut, Brennessel und Labkraut sind die Kinderstube von zahlreichen Schmetterlingsarten.

Der Wind verstreut die Samen der reifen Gräser und die emsigen Ameisen tragen die eiweißreiche Nahrung in ihre Futterdepots. Außerhalb der abgemähten Wiesen, wo sie der Kreiselmäher nicht erwischt hat, sind sie zur Blüte und zur Reifung gekommen und vertrocknen. Die Halme dienen jetzt vielen Insekten als Brutröhren, deren Larven darin überwintern.

Die Frühjahrsblüher, wie Weißdorn und Schwarzdorn, den wir besser unter dem Namen Schlehdorn kennen, die Wildkirschen und der Schneeball (Viburnum) haben bereits einen zum Teil guten Fruchtbehang und beginnen zu reifen.

Auf den Kahlschlägen, auf denen der Borkenkäfer die Fichten zerstört hat, entfalten sich jetzt Pflanzengesellschaften, die im dunklen Unterholz der Nadelbäume bis dahin keine Chance hatten. Auffallend viele Holunderstäucher fangen meinen Blick mit ihren weißen Schirmrispen. Die Blüten werden von Käfern und Fliegen bestäubt, die von dem eher unangenehmen, leichten Geruch nach Ammoniak angelockt werden. Bienen mögen diesen Geruch nicht und folglich werden diese schönen Sträucher auch nicht von ihnen beflogen. Die ersten noch unreifen „Fliedertrauben“, so heißen die Fruchtstände in Norddeutschland, bilden sich bereits. Wenn sie schwarz werden und an ihren dann roten Stängeln hängen, beginnt nach dem phänologischen Kalender der Herbst. In den letzten Jahren sind sie aufgrund der anhaltenden Trockenheit oft noch vor ihrer Reife vertrocknet, zum Schaden der vielen Vögel, die sich für ihre langen Flüge in den Süden oder für ihre Überwinterung bei uns dringend die notwendigen Fettreserven anfressen. Hoffentlich bleibt das Wetter noch für eine Weile so durchwachsen wie im Moment.

Die vielen Brombeerhecken, die auf den Kahlflächen und entlang der Wegränder wuchern, sind für mich eine wahre Freude. Jetzt tummeln sich hier die Honigbienen, Hummeln und Falter. Schon entwickeln sich aus befruchteten Blüten die ersten, noch grünen Beeren, doch die langen Ranken der stacheligen Wildsträucher treiben immer neue Blüten. Bei guten Witterungsverhältnissen werden sie wohl bis zum August eine gute Sommertracht für meine Bienen sein.

Ein kurzer Besuch an meinem Bienenstand zeigt mir heftigen Flugbetrieb. Mithin honigt es intensiv, und auch reichlich Pollennahrung für die Jungbienen wird eingetragen.

Mein Rückweg führt mich entlang der Bundesstraße über Barhaus Richtung Nettersheim. Auf den landwirtschaftlich genutzten Flächen ist die Vegetation nicht so erfreulich artenreich wie an den Wald- und Wegrändern. Getreide und Mais erdrücken den Sommerflor und auch die Ackerränder sind fast bis an die Wegränder bestellt. An ein paar Stellen wachsen Ackerwinden. Die kriechende, manchmal kletternde Pflanze mit den hübschen rosafarbenen bis bläulichen Blüten gilt in der Landwirtschaft und bei manchen Gärtnern als Unkraut, das es zu bekämpfen gilt, weil es andere Pflanzen im Wachstum einschränkt. Aber für die Insekten in der Agrarlandschaft ist sie während ihrer Blüte eine willkommene Pollen und Nektarspenderin. Für die seltene Spiralhornbiene ist ihr Vorkommen sogar überlebenswichtig, weil diese Wildbiene sich auf die Winden spezialisiert hat.

Der reifende Raps ist inzwischen abgeblüht. Er war die einzige nektarspendende Nutzpflanze, die bei uns noch großflächig angebaut wird. Nur vereinzelt haben Bauern sogenannte Blühstreifen angelegt, auf denen zumindest die Phacelia blüht. Im Frühherbst wird es hier dann auch Sonnenblumen und verschiedene Kleearten geben, die Aufbaunahrung für Insekten geben. Doch das mit den Blühstreifen ist nicht wirklich gut gemacht, wenn sie im Herbst wieder gemulcht werden. Denn viele Insekten nutzen die dort angebauten Pflanzen auch zur Eiablage und als Überwinterungszonen.

Erfreulich ist, dass die Straßenverwaltung die Straßenränder nicht mehr so breit mäht, wie es noch in den letzten Jahren gemacht wurde. Aber noch wachsen hier überwiegend Gräser, und es wird eine Zeit lang dauern, bis sich die Straßenränder wieder zu artenreichen Flächen entwickeln. Völlig inakzeptabel finde ich, dass es immer noch Leute gibt, die Abfälle einfach aus dem Autofenster werfen.

Auf den Wiesen, die das Grünfutter für das Vieh liefern, wächst außer Weidegräsern nur wenig mehr als ein paar Butterblumen. Die Bezeichnung der gelben Wiesenblumen ist sehr unspezifisch. In der Regel sind es diverse Hahnenfußgewächse. Die meisten von ihnen werden vom Weidevieh verschmäht, weil sie in aller Regel giftig sind. Beim Trocknen als Heu verlieren sie diese Eigenschaft. Auf einigen Wiesen gibt das Wiesenlabkraut den Grünflächen einen silberweißen Schimmer. Die kleinblütige Pflanze liebt nährstoffreiche Fettwiesen und findet auch in der Wildkräuterküche Verwendung als Salat oder als Pesto-Kraut.

Mein Fazit: Die naturbelassenen Wegränder und die unbewirtschafteten Kahlflächen in den Wäldern entwickeln eine erfreuliche Artenvielfalt, die wir dringend erhalten müssen. Das gelingt am besten, wenn wir diese schmalen Bereiche einfach in Ruhe lassen. Die offene Kulturlandschaft bietet leider noch zu wenig Rückzugsräume, die diesen Schatz bewahren.

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