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Verborgene Gefahren

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11. Januar 2018 von Marzellus

tigersittichAuf dem gut besuchten Blog von „Bauer Willi“ war vor zwei Tagen zu lesen, dass 2016 in Deutschland sechzehn Gifttote auf das Konto von Bienen, Wespen und Hornissen gehen. Der „Wutbauer“ hatte noch zwei Blogposts vorher seinen Lesern erklärt, wie überaus komplex die Welt ist und sich darüber beschwert, dass “ immer seltener Fakten, immer öfter nur Emotionen oder Emotionalisierungen“ in den Medien Verbreitung finden. Und jetzt das: Der Mann suggeriert mit einer schrägen Statistikauslegung: „Richtig gefährlich scheinen Lebensmittel ja nicht zu sein.“

Man hätte ja mal einen Imker fragen sollen, bevor man sowas raushaut.

Zu den Fakten: Eine Honigbiene kann etwa 0,1 mg Gift verspritzen. Lebensbedrohlich für Menschen könnte erst eine eher unwahrscheinliche Großoffensive der Bienen werden, bei dem man von hunderten Bienen gestochen würde. Die wissenschaftlich ermittelte tödliche Dosis liegt bei Menschen etwa bei 2,8 mg/kg , das entspricht 19 Stichen pro kg Körpergewicht. Ein Menschen mit 70 Kilogramm Körpergewicht müsste also 1330 Bienenstiche erleiden, um zu sterben. Zieht man das „Guinness Buch der Rekorde“ zu Rate, liegt die höchste Zahl der von einem Menschen überlebten Bienenstiche bei 2443.

Dass ein solcher Fall realiter eintritt, darf man allerdings bezweifeln. Die normale Reaktion eines Menschen wäre die Flucht. Hornissenstiche sind noch deutlich harmloser. Da muss man sich schon 10.000 Stiche einfangen, bevor man den Löffel abgibt. Größer heißt ja nicht notwendigerweise auch giftiger.

Der alte Spruch: „Drei Hornissenstiche töten einen Menschen, sieben ein Pferd“ ist also genauso hanebüchen wie die Schlüsse, die Wutbauern aus der Todesursachenstatistik ziehen.

Beim Bienenstich muss man unterscheiden zwischen der toxischen Wirkung und der allergenen Wirkung. Der Bienenstich ist der Auslöser eines allergischen Schocks, und der erst kann tödlich enden. Man stirbt also an der Allergie und nicht an dem Bienenstich.

Und jetzt schließt sich der Kreis: Allergien entwickeln sich besorgniserregend in der Bevölkerung. Man schätzt: 30 Millionen Kinder und Erwachsene in Deutschland sind von Allergien betroffen und die Tendenz ist steigend. Man kann wissenschaftlich noch nicht abschließend erklären, warum das so ist. Aber unter anderen gehören auch die zunehmende Zahl der Umweltgifte und deren unberechenbaren Synergien zu den Hauptverdächtigen, und die gelangen in unseren Körper über die Haut, die Atemluft und leider mit der Nahrung. Dass die Landwirtschaft dabei ihre Hände in Unschuld waschen will, ist einfach nur grotesk.

Keine Angst, ich schiebe den Landwirten die 16 Bienenstichtoten nicht in die Schuhe. Ich will seriös bleiben. Beim Bienenstich ist es so, dass es zu einer Insektengiftallergie erst kommt, wenn jemand im Laufe seines Lebens wiederholt gestochen wird. Zu den Risikogruppen gehören die Imker, interessanterweise vor allem die, die nur wenig gestochen werden, und zum Beispiel Verkäuferinnen von süßen Backwaren. Eine Insektengiftallergie entsteht nicht spontan, sondern entwickelt sich langsam. Bevor es zu einem tödlichen anaphylaktischen Schock kommen kann, muss man schon vorher einiges an Insektenstichen abbekommen haben. Hyposensibiliserung kann Abhilfe schaffen.

Ich diskutiere nicht nur in den Facebookforen zu Themen wie Imkerei und Landwirtschaft mit. Wenn man als Naturschützer und Imker durch Debattenbeiträge etwas erreichen will, dann sollte man sich auch in die Höhle des Löwen wagen und sich dort einbringen, wo man nicht unbedingt auf Gleichgesinnte trifft. Das ist das beste Gegenmittel zu dem sogenannten Filterblaseneffekt.

Was mir an der Diskussion mit den Bauern nicht gefällt: Sie sind immer fleißig bemüht, uns das Lied von der Unschuld vom Lande zu singen, wenn es um Umweltthemen geht, die mit ihrer Wirtschaftsweise zusammenhängen.

Das ist genauso lächerlich wie die Behauptung, dass Glyphosat so harmlos ist, dass man es sogar trinken kann. Und aller Gentechnik zum Trotz: Noch bedroht der gemeine Tigersittich keine friedliebenden Bienen.

https://www.youtube.com/watch?v=uc-wP1Qo1Jk

Bildquelle: Pixabay

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