„Innen mit Mulsum, außen mit Öl“
Hinterlasse einen Kommentar24. Juli 2018 von Marzellus

Römisches Mahl; Fresco aus Pompeji
Wie man alt wird?! Kaiser Augustus soll einen 100 jährigen Gast nach seinem Rezept für ein hohes Alter gefragt haben. Die Antwort des namentlich bekannten Greises Romilius Pollio war knapp und präzise: „Innen mit Mulsum, außen mit Öl“. Der schlagfertige Alte hat damit ein dickes Lob auf ein heute vergessenes Honiggetränk formuliert. Es ist nicht belegt, ob sich Augustus an den Rat des Alten gehalten hat, aber er ist mit immerhin fast 78 Jahren für einen Römer steinalt geworden. Nur drei von Tausend Römern wurden über 75. Das Durchschnittsalter lag unter 25 Jahren, nur etwa 25 % der Bevölkerung war über 40 Jahre alt.
Was ist Mulsum? Der Aperitif der Römer war ein aus Wein und Honig gemischtes Getränk, das beim Mahl, vor dem Essen oder zur Vorspeise gereicht wurde.
Mulsum heißt übersetzt nichts anderes als „mit Honig gemischt“. Das Lebenselixier, das den zitierten noch bis ins Methusalem offensichtlich auch geistig frisch und schlagfertig gehalten hat, wurde aus Honig und Wein gemischt. Das Rezept für Mulsum ist einfach. An Zutaten braucht man 150 g Honig, 5 Pfefferkörner und 0,75 Liter Weißwein. Die Pfefferkörner werden fein gemahlen, der Honig leicht angewärmt und mit dem Wein und dem Pfeffer vermischt. Vor dem Servieren sollte man den Alkopop der alten Römer kaltstellen. Zumindest in den vornehmen Häusern der Reichen gab es Kühlkeller für Speisen und Geränke.
Mulsum wurde nicht nur getrunken. Vor allem ältere Menschen mit Zahnproblemen schätzten das Getränk, weil sie ihr Brot darin aufweichten. Das altrömische Erfrischungsgetränk galt als appetitanregend, verdauungsfördernd, nahrhaft und, wie gesagt lebensverlängernd.
Doch nicht nur als Süßstoff für sauren Wein stand der Honig auf dem Speiseplan der Römer. Die Oberschicht, die nicht körperlich arbeitete, erledigte im Normallfall alle „Verpflichtungen“ im Laufe des Vormittags. Der Nachmittag begann mit dem Badbesuch und setzte sich etwa ab 15 Uhr mit der „Cena„, dem Abendessen fort. Die Cena war die Hauptmahlzeit des Tages. Und hier zeigten sich deutliche Klassenunterschiede. Während die ärmeren Schichten ihren „puls“ oder auch „pulmentum„, einen mit Wasser angerührten Getreidebrei mit etwas Salz, Fett oder Öl aßen, mischten die Wohlhabenden Eier, Käse und natürlich Honig in ihr Nachmittags-„Müsli“.
Natürlich gab es bessere Speisen als dieses „Puls“. Aspicius, eine Art Johann Lafer der Antike, der für die römische Elite unter anderem Schweineeuter und Flamingozungen zubereitete, machte aus Honig Soßen, verwendete ihn zum Einmachen von Gemüsen und Früchten oder rührte damit Salatdressings an.
Für das Mulsum hatte er eine ganz spezielle Idee. Schweine sollten vor dem Schlachten mit reifen Feigen gefüttert und mit Mulsum getränkt werden. Das sollte nach seiner Ansicht die Qualität des Fleisches und den Geschmack der Leber entscheidend verbessern.
Der Hauptmahlzeit der Römer folgte anschließend oft noch ein Trinkgelage, die comissatio. Wein war hier das Getränk der Wahl. Cervisia, also Bier, galt den Römern als barbarisches Getränk.
Apropos Bier: Schon die alten Germanen mischten dem Bier, das sie aus Gerste und Emmer (Urform des heutigen Weizens) brauten, Honig bei, wie archäologische Untersuchungen anTrinkhörnern gezeigt haben. Der Honig wurde mit vergoren und sorgte für einen höheren Alkoholgehalt. Außerdem war Honigbier länger haltbar, da Honig natürliche, von den Bienen übernommene Konservierungsstoffe enthält.
Erst seit dem Mittelalter ersetze man man den Honig durch Hopfen. „Putredines prohibet in amaritudine sua“ (seine Bitterkeit verhindert die Fäulnis) schrieb bereits Hildegard von Bingen. Womit am Ende auch noch erklärt ist, warum Bier vor allem bitter schmeckt.