Bienen und Beie
Hinterlasse einen Kommentar25. Dezember 2017 von Marzellus
Am Ende des Lutherjahres möchte man meinen, jetzt sei FAST alles gesagt zu den Wirkungen des großen Kirchenmannes. Was mir als Imker noch fehlt, ist die Feststellung, dass wir dem Reformator auch das Wort „Biene“ als den hochsprachlichen Begriff für unsere geflügelte Nektarsammlerin verdanken.
¨Unsere heutige form biene steht fest seit Luther¨ heißt es darüber im ersten Band des Grimmschen Wörterbuch der deutschen Sprache aus dem Jahr 1817. Das zentrale Interesse der Germanistik des frühen 19.Jahrhunderts galt der Wortgeschichte. Also beschreiben die vor allem als Märchensammler bekannt gewordenen Sprachwissenschaftler, dass man den Begriff Biene nur schwer von dem Sanskritischen <madhupa> ableiten könne. Der Wortteil <madhu> steht dabei für das indogermanische Wort für Honig. Wir entdecken am Honigwein, dem Met (madhu), wie sich das uralte Wort bis in unsere Gegenwartssprache erhalten hat. Die Silbe <pa> ist das indogermanische Verbum für Trinken, wobei wir uns das Bild von der Biene als einer „Honigtrinkerin“ vorstellen müssten.
Aber neben diese Erklärung setzen die beiden Germanisten Wilhelm und Jakob Grimm eine zweite, weitaus plausiblere. „ein insect, dessen kunstfertigkeit und geordneter haushalt, neben dem der ameisen, bewunderung rege macht, hat noch stärkeren anspruch als der biber auf einen bedeutsamen namen, den der sprachgeist unmittelbar aus der vorstellung des bauens schöpfte. wie dem biber wird der biene und ameise eine burg beigelegt, und gleich den menschen halten diese thierchen für nöthig sich einen herrn zu setzen, der über sie gebiete. die bienen schaffen aber und bauen, wirken in ihrem bau den süszen honig, nach welchem andere völker sie benennen.“ Kurzum: Das Wort „Biene“ und noch deutlicher das in vielen Dialekten gebräuchliche „Bei“ heißt nichts anderes als die „Erbauerin“ des Wabenwerks und die „Erschafferin“ des Honigs.
Dass wir dem Mann, der dem Volk aufs Maul schaute, eine nachhaltige Wirkung auf unsere Deutsche Muttersprache verdanken, gehört zur Allgemeinbildung. Und hierhin gehören keinesfalls nur überlieferte Grobianismen des Predigers und Bibelübersetzers, wie ¨Aus einem verzagten Arsch kommt kein fröhlicher Furz“.
Vor allem sein nachhaltiger Einfluss auf den hochdeutschen Wortschatz hat dafür gesorgt, dass sich heute Friesen und Bayern überwiegend derselben Vokabeln bedienen. So wie sich die „Träne“ vor der „Zähre“, der „Hügel“ vor dem „Bühel“ oder der „Schwanz“ vor dem „Zagel“ durchgesetzt hat, ist dank Luther dann auch die „Biene“ statt der „Bei“ unser hochdeutsches Wort für die fleißigen Honiginsekten geworden.