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Provokante Bauernregeln

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11. Februar 2017 von Marzellus

ohneblumenaufderwieseWahrheit kann so einfach sein, dass man sie auf Kinderreime, Bauernregeln oder auch Kalauer reduzieren kann. In einer Plakatkampagne wollte Frau Hendricks mit „Neuen Bauernregeln“ auf die Konflikte zwischen Umweltschutz und Landwirtschaft aufmerksam machen. Ihre kurzen Klartexte sind mutig und provokant. Und allen voran die Granden der CSU/CDU und die Lobbyverbände bellten wie getroffene Hunde.
„Ohne Blumen auf der Wiese, geht’s der Biene wirklich miese“ – Was ist daran falsch, Herr Landwirtschaftsminister Schmidt, Herr Seehofer,… und Konsorten? Das einzig Falsche, das ich in dem Spruch und eurer Reaktion erkenne, ist eure Falschheit! (Schade, dass die Bundesumweltministerin inzwischen einen Rückzieher gemacht hat)

Die Kampagne aus dem Umweltministerium zielt nicht auf die Bauern, sondern auf die, die die Bauern zu dem gemacht haben, als die sie heute erscheinen: als schwarze Peter und Sündenböcke für Tierquälerei, Naturzerstörung, Artenvernichtung, Bodenvergiftung, Klimaerwärmung, … .

Wie wäre es denn, wenn man zur Abwechslung mal den Blick von den Bauern auf die lobbygesteuerten Strippenzieher in der Politik und auf die Agrarindustrie richtet, die uns einreden wollen, die industrialisierte Landwirtschaft sei alternativlos. Oder auf die naiven Verbraucher, die mehrheitlich, aller Lebensmittelskandale zum Trotz, an dieses Märchen glauben, solange das Fleisch billig ist und die Salatgurke der EU-Norm entspricht. Die Benannten können hier nicht die Hände in Unschuld waschen und sich in Empörung gegen die schlichte Wahrheit üben. Das ist Heuchelei.
Frau Hendricks Bauernregeln bringen die grundsätzlichen Probleme auf den Punkt und provozieren, und das ist dringend nötig. Es geht nicht um die Berufsehre der Bauern. Ich kenne viele Bauern sehr persönlich, und die meisten sind ehrenwerte Menschen, die in einem gnadenlosen, von Industrie und Handel zu verantwortenden globalen Wettbewerb getrieben werden, um ihre Existenzen zu sichern. Das momentane Daseinsgefühl vieler bäuerlicher Betriebe lässt sich übrigens auch in eine neue Bauernregel fassen: „Bauer sein ist keine Lust, hätt ich gewußt, was es kust, ich hätt‘ was gehust!“
Es geht da schon eher darum, dass wir endlich zur Kenntnis nehmen müssen, dass wir uns nicht mehr lange unseren gedankenlosen und verantwortungslosen Umgang mit Wasser, Nahrungsmitteln, Naturräumen, Flora und Fauna leisten können. Und es geht um die unrealistische Erwartung, wir könnten unseren verschwenderischen Lebensstil bis in alle Ewigkeit fortsetzen.
Dieser Tage habe ich mir die Europäische Rote Liste der gefährdeten Arten angesehen. Kann ich nur jedem empfehlen: Das  liest sich wie „Das Märchen von einem,der auszog das Fürchten zu lernen“ und ein Happy End scheint mir unwahrscheinlich. Das sollte Pflichtlektüre für alle diejenigen sein, die großmaulig gegen Frau Hendricks Plakatkampagne hetzen.
Es wird endlich Zeit für eine Agrarwende hin zu einer Landwirtschaft, in der der Bauer ohne Not wieder Bauer sein kann. „Der Bauer muss seinen Pflug selber führen, wenn es gedeihen soll,“ auch das ist eine Bauernregel, die eine ganz einfache Wahrheit auf den Punkt bringt.
Auszug:
„Wir haben unbestreitbar enorme Umweltbelastungen aus der Landwirtschaft, wir müssen zudem sehr viel besser werden beim Schutz der biologischen Vielfalt und beim Tierwohl. Zugleich geht der Strukturwandel brachial weiter. Das alles werfe ich ganz sicher nicht – anders als Sie und der Deutsche Bauernverband es mir unterstellen – den einzelnen Landwirten und bäuerlichen Familien vor. Die vielen Höfe und Arbeitsplätze, die seit Jahrzehnten verloren gehen und weiten Teilen des ländlichen Raumes seine Bedeutung nehmen, gehen doch nicht auf meine Umweltpolitik oder die meiner Vorgänger zurück, sondern auf das Unvermögen der Agrarpolitik, trotz der enormen Milliardenbeträge an Agrarförderung, den Menschen im ländlichen Raum unternehmerische Perspektiven zu geben, Arbeitsplätze zu sichern und wieder zurückzugewinnen und anständige landwirtschaftliche Einkommen zu ermöglichen – und das alles im Einklang mit einer guten Umwelt. Dabei geht es mir auch nicht um die Frage von „kleinen“ oder „großen“ Betrieben. Ich weiß, dass auch in vielen großen Betrieben etwa in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen-Anhalt umweltverträglich gewirtschaftet wird. Mir geht es um die Intensität der Bewirtschaftung und um die Auswirkungen auf die Umwelt“

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