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Alle Jahre wieder – Honig im Ökotest

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27. Dezember 2016 von Marzellus

Es ist gut, dass es Verbrauchertests gibt, und es ist noch besser, dass die Honigregale in den Supermarktketten regelmäßig in den Fokus der Verbraucherschützer kommen. Auch in diesem Jahr werden nur 6 von 20 „Produkten“ der großen Honigmarken von der Zeitschrift Ökotest empfohlen.

Die wichtigsten Kritikpunkte der Tester: Es fanden sich Rückstände von unerlaubten Arzneimitteln und Herbiziden sowie Genpollen in den Proben. Was die Honigtests nicht verraten: Wie kommen diese Massenprodukte in ihre „flinken Flaschen“ und was streicht sich der Billighonigkäufer eigentlich auf sein Frühstücksbrötchen?

Alle von Ökotest untersuchten Honige sind Mischhonige aus „aller Herren Länder“. Sie werden, anders als Imkerhonige, von den großen Handelsunternehmen bzw. Honighändlern auf einen bestimmten Geschmack und eine am Massengeschmack orientierte Konsistenz eingestellt. Vor allem die bei deutschen Konsumenten so beliebte Dünnflüssigkeit des Honigs wird, mit Ausnahme des Akazienhonigs, dadurch erreicht, dass man ihn „wärmebehandelt“.

Oder man presst den Honig mit hohem Druck durch mikrofeine Siebe. Dabei entstehen hohe Temperaturen, die die gesundheitswirksamen Fermente im Honig zerstören. Mikrofeine Restpollen werden entfernt, damit der Honig nicht mehr kristallisieren kann. Normalerweise müsste eine solche „Honigbehandlung“ auch auf dem Etikett stehen. Die Honigverordnung bestimmt das juristisch eindeutig. Doch wer kann, und ich fürchte auch, wer will das kontrollieren? Geschickte Fälschungen sind extrem schwierig nachzuweisen.

Was man in der „Honigindustrie“ so alles aus Honig herausfiltert. Man fragt sich natürlich: Wie kommt das da rein?  – Guten Appetit

Für die Verfahren der „Honigreinigung“, wie sie vor allem in der honigverarbeitenden Industrie angewendet werden, gibt es natürlich die passenden Apparaturen, mit denen man „Honig, der für den Kunden attraktiv ist“ herstellt. Die Firma Honema zum Beispiel liefert die passenden Filtrierungsmaschinen.

„Der HONEMA Honig Filter …separiert Honig von jeder Art von großen Partikeln wie Larven, Teilen von toten Bienen und Wachs, welche das Erscheinungsbild des Honigs beeinflussen oder ein unangenehmen Geschmack oder Geruch bei dessen Lagerung verursachen können“

Man fragt sich natürlich, wie das, was da herausgefiltert wird, überhaupt in den Honig hineinkommt. Abgesehen von Wachspartikeln, die jeder Honig enthält, spricht das jedenfalls nicht für eine gewissenhafte Imkerei. Doch am großen Geschäft mit „dem flüssigen Gold“ ist noch mehr skandalträchtig.

Gesetzlich vorgegebene Herkunftsbezeichnungen öffnen der Honigpanscherei Tür und Tor und führen den Verbraucher bewusst in die Irre. Die Honigverordnung schreibt hier lediglich vor anzugeben, ob Honig eine : a)„Mischung von Honig aus EU-Ländern“,  b) „Mischung von Honig aus Nicht-EU-Ländern“,  c) „Mischung von Honig aus EU-Ländern und Nicht-EU-Ländern“ ist.

Das ist so ähnlich, als würde man einen Flaschenwein mit „Appellation d’Origine Contrôlée Europe“ deklarieren. Und welchen Sinn machen erst Angaben, die man gleichsetzen kann mit  „Herkunft garantiert von keinem anderen Stern„. Solche Kategorien geben uns Verbrauchern keine Orientierungshilfe für die Bewertung der Regalhonige. Ein nachvollziehbarer Qualitätsmaßstab sieht anders aus. Das ist bürokratischer Etikettenschwindel, der betrügerischen Praktiken im Honiggeschäft alle Türen öffnet. So geraten dann auch Honige aus, wie es in der Branche heißt, „ökologisch ungünstigen Regionen“ in die Regale der Supermärkte und Discounter.

Kanadischer Raps-Honig enthält zum Beispiel nicht nur nahezu 100% gentechnisch veränderten Pollen, sondern auch einen entsprechend hohen Anteil Nektar vom Genraps. Gleichzeitig gibt es hohe Schwellenwerte für eine Deklarationpflicht wegen gentechnisch veränderter Pflanzenanteile im Honig.

Bei den laxen Deklarationspflichten darf man sich also nicht wundern, wenn die Honigabfüller verunreinigten Honig in die Supermarktregale und auf unser Frühstücksbrötchen bringen. In die Honigpampe, die die Industrie zu ihrem fragwürdigen Qualitätshonig verrührt, kann man nach europäischem Lebensmittelrecht so viel anderen gentechnikfreien Honig untermischen, bis man den vorgegebenen Grenzwert unterschreitet. So sieht Verbraucherschutz made in EU aus.

Ausgerechnet Mexiko, ein Land, das mit dem Konsum von Genfood eine spektakuläre Skandalhistorie hat, ist mit über 17.000 Tonnen das größte Honigimportland für Deutschland. „Keine einzige Probe mit Anteilen von Honig aus Amerika ist frei von gentechnisch veränderten Pollen.“ heißt es dann auch im Ökotestbericht.

Platz zwei im deutschen Honigimportranking hat die Ukraine. „Die Ukraine steht im Bereich des Umweltschutzes vor beträchtlichen Herausforderungen“ so steht es in einem EU-Papier. Das ist Diplomatendeutsch und bedeutet im Klartext: Besonders im Donesz Becken, aber auch anderswo gibt es haufenweise nicht aufgearbeitete industrielle Altlasten. Die Tschernobyl-Folgen des Reaktorunfalls sind immer noch deutlich nachweisbar. Und last but not least: das Umweltbewußtsein der dortigen Bevölkerung befindet sich nach wie vor auf einem sehr niedrigen Niveau.

Aber die Industrie beruhigt: Zumindest für die Belastung mit radioaktiven Nukleiden und Schwermetallen hat man doch elegante Lösungen. Noch einmal O-Ton Honema: „Die Honig Schmelz- und Filteranlage HONEMA ClearHoney kann für die Reinigung von Honig aus ökologisch ungünstigen Regionen verwendet werden, welche mit Radionukliden und Schwermetallen verunreinigt sind.“ Wie beruhigend! Das klingt ja fast wie ein Märchen: „Ich habe eine Tochter, die kann Stroh zu Gold spinnen.“ und „Ach wie gut, dass niemand weiß, dass ich Rumpelstilzchen heiß.“

China belegt als Honigimporteur Platz drei. Das ist das Land, das bezüglich Umweltstandards nicht gerade zu den globalen Musterschülern gehört. Wie heißt noch mal seit den 70er Jahren die offizielle Staatsdoktrin in diesem Land des Lächelns: „Wir werden nicht aus Angst vor Verunreinigung der Umwelt darauf verzichten, unsere Industrie zu entwickeln.“

Es sind nicht nur die nachweisbaren Schadstoffe, die besonders bei Importhonig aus China problematisch sind. Honigfachleuten ist schon lange aufgefallen, dass die offiziellen Zahlen der Bienenvölker im Land der Mitte in einem ziemlichen Missverhältnis zu dem überdurchschnittlich hohen Ertrag der chinesischen Imkerei stehen.

Nicht nur „böse Zungen“ behaupten, dass solche „astronomischen“ Erträge nur durch Beimischung von Reissirup erklärt werden können. Und auch hier gilt: Solche Panschereien sind nur schwer nachweisbar. Sirupe aus sogenannten C3-Pflanzen, wie zum Beispiel Reis, Weizen oder Zuckerrüben, können mit der in der Honiganalyse üblichen Methode der Massenspektografie nicht nachgewiesen werden, schreibt das „Bienenjournal“ 2015. Hier ist auch zu lesen, dass man in China im industriellen Maßstab unreifen Honig aus den Bienenstöcken erntet und ihn dann in „Honigfabriken“ trockenfönt.

Der deutsche Honig-Verband, die Lobbyvereinigung der Honig-Abfüllbetriebe, kennt seine Pappenheimer und nimmt sie ganz unverblümt in Schutz. Statt für bessere Honigqualitäten der Zulieferer einzutreten, liest man auf der Verbandshomepage, dass es gelte, gegen  „die Diskriminierung von Drittländern durch die EU einzutreten.“ Es gehört schon eine gehörige Portion Frechheit dazu, wenn man dann auch noch behauptet „Wir informieren Konsumenten und Presse über das Naturprodukt Honig und setzen uns für die Einhaltung des Reinheitsgebots ein“. Die regelmäßigen Verbrauchertests strafen die Honigindustrie seit nunmehr fast 50 Jahren regelmäßig Lügen.

Mein Fazit: In den 50er Jahren hat der Konsumkritiker Vance Packard angemerkt, dass die amerikanische Lebensmittelindustrie es geschafft habe, aus hochwertigen landwirtschaftlichen Rohprodukten Junkfood zu machen. In Europa sind wir da heute viel weiter. Wir haben es geschafft, minderwertigen Honig, der eigentlich auf die Sondermülldeponie gehört, in den Regalen des Einzelhandels zu platzieren.

Mein Rat: Finger weg von Flinken Flaschen und Billighonigen. Da geht nicht, wie versprochen, „die Sonne auf“. Lassen Sie sich nicht für dumm verkaufen: Allein beim Honig vom Imker mit einer deutlichen (klein)regionalen Herkunftsbezeichnung findet der Konsument den naturbelassenen Honiggenuss und garantierte Honigqualität, die er ja einkaufen will.

P.S.: Angesichts der Maschinen, die von den großen Honig-„Erzeugern“ zum Einsatz gebracht werden, stellt sich mir abschließend die Frage: Warum zapfen wir eigentlich nicht auch unser Trinkwasser direkt aus dem Abfluss der nächsten Kläranlage?

Über den Test: 

„Mit Hightech gegen Honigverfälschungen“ – Bienenjournal 19.01.2015

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